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Das Normenkontrollverfahren im Fall Pferdesteuer in Bad Sooden-Allendorf

ODER

Hessisches Steuerrecht für Anfänger


Wenn eines derzeit die deutsche Pferdewelt in Sachen Pferdesteuer beschäftigt, dann ist es das Normenkontrollverfahren.

Aber was ist denn das genau, was passiert vor Gericht und welche Folgen entstehen daraus für Pferdehalter und alle, die beruflich vom Pferd abhängig sind? Was ist eine Pferdesteuer aus steuerrechtlicher Sicht?

Eine Pferdesteuer ist eine sog. Bagatellsteuer, die nicht vom Bund oder vom Land erhoben oder empfohlen wird, sondern direkt von den Kommunen. Die Steuerpflicht beginnt und endet damit an der Stadt/Gemeindegrenze!

Welche kommunalen Steuern gibt es noch?
Zu den gängigen kommunalen Steuern gehören beispielsweise Grund- und Gewerbesteuer, anteilige Einkommen- und Umsatzsteuer, Hundesteuer und Zweitwohnungsteuer. Den größten Einnahmeanteil hat eine Kommune durch Gewerbesteuern, danach folgen Einkommensteuer und Grundsteuer. Der Umsatzsteueranteil für die Kommunen ist vergleichsweise gering, aber im jährlichen Haushalt eine relativ feste Einnahmegröße. Zuletzt folgen die sog. Verbrauch- und Aufwandsteuern. Diese Steuern unterliegen dem sog. „kommunalen Steuerfindungsrecht“. Es berechtigt die Kommune, eigene Steuern von ihren Bürgern zu erheben, um den Haushalt auszugleichen oder andere kommunalpolitische Ziele zu erreichen.

Als Beispiel sei hier die „Kampfhundesteuer“ genannt: Diese wird nicht zwingend nur zur Einnahmeerzielung erhoben, sondern dient auch dazu, die Hundepopulation gewisser Rassen einzudämmen (Lenkungssteuer). Jede Kommune kann die Art und Höhe ihrer Aufwand- und Verbrauchsteuern selbst festlegen. So gibt es tatsächlich einige wenige Kommunen in Deutschland, die keine Hundesteuer erheben.


Wie führt eine Kommune eine Pferdesteuer ein?
Die Kommune beschließt, einen " Aufwand" (d.h. jemand gibt Geld für eine bestimmte Sache aus, er betreibt damit einen Aufwand) mit einer Steuer zu belegen. Aufwandsteuer bedeutet hingegen nicht, dass die Kommune selbst einen Aufwand hat und dafür jetzt das Geld von dem Verursacher wieder haben will. Jede Argumentation mit beschädigten Wegen oder den Kosten für das Beseitigen irgendwelcher Hinterlassenschaften ist also an den Haaren herbeigezogen und fachlich falsch. Allerdings muss eine Steuer auch ihren Zweck erfüllen können und sie muss zwingend auch der Einnahmenerzielung dienen, d.h. ein bisschen was muss nach Abzug der Kosten, die das Eintreiben einer solchen Steuer verursacht, in jedem Fall hängenbleiben. Ein wirtschaftliches Minus macht eine Steuer rechtswidrig. Das lässt sich jedoch erst im Nachhinein sicher feststellen. So eine neue Steuer ist grundsätzlich erstmal möglich, weil das kommunale Steuerfindungsrecht erlaubt, neue Aufwandsteuern zu erheben.

Aber ganz so einfach ist es dann zum Glück doch nicht:
Grundvoraussetzung für eine Steuereinführung ist eine Satzung, d.h. ohne Satzung keine Steuer. Diese muss von der Gemeinde- oder Stadtvertretung beschlossen werden. Dann wird in den meisten Bundesländern vom Land geprüft, ob diese neue Steuer überhaupt zulässig ist und nicht z.B. mit einer anderen Steuer, die bereits erhoben wird, kollidiert oder gar gegen geltendes Recht verstößt.

Nur in Hessen ist alles anders. Hier gibt es keine übergeordnete Instanz, die zunächst die Rechtmäßigkeit der Steuer überprüft, stattdessen werden die Kommunen mit ihrer neu erstellten Satzung gleich auf die Bürger „losgelassen“. Wenn ein Betroffener nicht mit der Satzung einverstanden ist, weil er meint, dass diese gegen geltendes Recht verstößt oder mit anderen Steuern kollidiert, dann kann er eine „Normenkontrollklage“ beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einreichen. Darin muss er darlegen, warum er der Meinung ist, dass die beanstandete Satzung nicht rechtmäßig sein kann. Im Fall Pferdesteuer in Bad Sooden-Allendorf ist genau das passiert. Die Kommune hat die Einführung der Steuer und dann auch eine Satzung beschlossen. Somit ist die Pferdesteuer erstmal da und rechtskräftig.

Neun Pferdehalter mit unterschiedlichen Hintergründen (gewerblich/privat/Reitvereine mit Gnadenbrotpferden, Zuchtpferden, Sport- und Freizeitpferden) aus Bad Sooden-Allendorf haben nun in einem Normenkontrollverfahren Klage vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof erhoben. Jede Partei hat ihre eigenen Argumente, warum die Pferdesteuersatzung Bad Sooden-Allendorfs in ihren Augen nicht rechtmäßig sein kann.

Eine Klage kostet aber nicht nur Zeit sondern auch Geld. Daher haben sich die Verbände (FN, VFD, APP) hinter diese Pferdehalter gestellt und unterstützen sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten beratend und finanziell.

Was passiert jetzt genau?
Jeder dieser Pferdehalter hat seine Argumente in der Normenkontrollklage dargelegt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof muss nun prüfen, ob die Einwände gegen diese Satzung berichtigt sind. Ja, richtig gelesen: Es geht ausschließlich um die Satzung von Bad Sooden-Allendorf. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof beurteilt nicht, ob eine Pferdesteuer überhaupt und grundsätzlich falsch oder richtig ist. Er beurteilt nur, ob die Satzung von Bad Sooden-Allendorf, so wie sie beschlossen wurde, korrekt ist.


Und dann?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie das Ganze ausgehen kann. Im besten Fall entscheidet der Hessische Verwaltungsgerichtshof: „Lieber Herr Bürgermeister Hix von Bad Sooden-Allendorf, das, was ihr da in Eurer Satzung zusammengeschrieben habt, ist alles Schmu. Das könnt Ihr Euch abschminken, so geht das nicht, macht das mal ins Altpapier“. Oder das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Satzung zwar nicht das Gelbe vom Ei ist, aber „so im Großen und Ganzen ist es ok, da müssen die verbliebenen Pferdehalter in Bad Sooden-Allendorf nun durch“.


Vielleicht heißt es auch: „ Super! Tolle Idee, das mit der Pferdesteuer! Das halten die Pferdehalter locker aus, hat alles Hand und Fuß und macht mal weiter so“. Und egal wie es ausgeht, von Rechtssicherheit kann auch danach keine Rede sein! Denn: Andere Kommune – andere Satzung...

Fazit:
Der Kampf gegen die Pferdesteuer geht weiter, ob uns das passt oder nicht. Aber mit etwas Glück können wir nach der Entscheidung des VerwG in Kassel kurz durchatmen. Wir brauchen euch vor Ort! Bitte beteiligt euch an der Kommunalpolitik. Geht in die Sitzungen, bezieht auch andere Sportler mit ein, denn im Ergebnis geht es uns alle an.

Breitensport darf nicht besteuert werden! Unsere Jugendarbeit ist gefährdet. Die Naturschutzarbeit bricht in vielen Bereichen ein, denn gut informierte Pferdehalter betreiben ordentliche Weidepflege und verhindern so eine Verbuschung der Landschaft und dienen damit der Erhaltung der Artenvielfalt.


 

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