28.07.2014: Pferdesport abschaffen

355.000 Zuschauer besuchten zwischen dem 11. und 20. Juli das CHIO (Concours Hippique International Officiel), die Weltreiterspiele in Aachen, die seit 1924 in der Soers veranstaltet werden, und die immerhin noch teilweise im Fernsehen übertragen werden. Viele schöne Bilder gab es zu sehen, viele Erfolge, viel Teamarbeit und auch bittere Momente, die es sportlich zu akzeptieren galt.

Aber ein einziges Bild musste besonders als Aufhänger für die doch eigentlich rundum gelungene Veranstaltung herhalten und das war die Aufzeichnung des Sturzes der Kaderreiterin Katrin Eckmann mit ihrem Pferd Firth of Lorne. Der Wallach war zu früh abgesprungen, landete im Graben, stolperte und schleuderte die 23jährige aus dem Sattel. Während das Pferd sofort aufsprang und weiterlief, blieb die Reiterin liegen. Sie hatte Schmerzen, sie konnte nicht atmen. Später stellte sich heraus, dass der Wallach,der vorsorglich in eine Klinik gebracht wurde, lediglich ein Verstauchung davongetragen hatte. Eckermann hatte sich das Schlüsselbein gebrochen und musste operiert werden. http://www.bild.de/sport/mehr-sport/chio-aachen/westerwelle-sieht-sturz-beim-chio-aachen-36907820.bild.html
 
Und sofort war das Netz voll mit diesem einen Bild. Einem Foto, dass das aufschlagende Pferd-Reiter-Team zeigte. Natürlich schalteten die Medien die Kommentarfunktionen frei. Schließlich müssen Emotionen mitgeteilt werden. Offenbar hat aber niemand den positiven Wortbeitrag gelesen (wie so oft), sondern nur das Bild angesehen und schon brach die Schmähwelle erneut über die Reiterschaft herein. Selbstverständlich ging man davon aus, dass das Pferd längst beim Schlachter sei und man wünschte der betroffenen Reiterin und allen anderen die Pest an den Hals. Umso schlimmer, dass sich die Medienvertreter nicht einmal ansatzweise in der Pflicht sahen, aufklärend einzugreifen. Man könnte fast meinen, der Tod von Benjamin Winter, der bereits für heftigste Auseinandersetzungen zwischen Reitern und Nicht-Reitern geführt hatte, sei nicht Lehre genug gewesen, etwas sachlicher mit Informationen umzugehen, die fachfernes Publikum weder beurteilen kann, noch beurteilen will.


Man nehme ein anderes Beispiel. Eine Reiterin verbreitet ein Bild von ihrem Pferd, das durch einen Pferdeschänder verletzt wurde. Sofort sind die Massen aufgebracht, drohen mit Lynchjustiz, fordern höhere Strafen bis hin zur Todesstrafe und bekommen überhaupt nicht mit, dass sich in der Zwischenzeit herausgestellt hat, dass sich das Pferd selbst an einem Baum verletzt hat.

Das spielt keine Rolle, es muss sich aufgeregt werden, und dazu ist ein Feindbild nötig. Niemand will ein Feindbild sein. Auch die Reiter nicht. Natürlich läuft nicht alles rund, eben wie in anderen Sportarten auch, wenn z. B. junge Talente von drittklassigen Vereinen verheizt werden oder in der Politik oder in der Wirtschaft oder in der eigenen Familie... nur ein Zimmer weiter. Irgendwas ist immer. In der Reiterei gibt es aber Mechanismen, die Missbrauch und Überforderungen verhindern und die werden auch streng umgesetzt. Solange sich aber die Medien mit 100%iger Aufmerksamkeit auf das 0.1% Scheitern stürzen, womöglich mit dem einzigen Ziel, einen sehr alten Sport zu diskreditieren, muss man sich ernsthaft fragen, von wem die größere Gefahr ausgeht. Wer hetzt denn hier eigentlich? Wer setzt diese Kausalkette in Bewegung und wer springt aus Unwissenheit einfach nur auf, weil Mitlaufen viel einfacher ist als Mitdenken oder Nachfragen und herzerfrischen von eigenen Unzulänglichkeiten ablenkt.

Man muss kein Sportreiter und auch kein Journalist sein, um zu erkennen, dass hier gewaltig was schiefläuft.

Text: Carola Schiller - APP e. V.