Die Idee war groß. Auf einer heute 5600 Hektar großen Fläche nahe Amsterdam entsteht seit Anfang der 1970er Jahre ein Naturschutzgebiet. Die Entscheidung fiel nicht ganz freiwillig, denn vorab hatte sich gezeigt, dass die Fläche, die eigentlich industriell - und gar nicht umweltfreundlich genutzt werden sollte - offensichtlich für nichts anderes zu gebrauchen war. Also überließ man das Gebiet sich selbst und schon wenige Jahre später beobachteten Naturschutzkenner überrascht, wie schnell sich die Natur auf den zum Teil künstlich trockengelegten Flächen mit Wasser- und Moorgebieten erholte.
Allerdings fehlten in der eingezäunten Landschaft große Pflanzenfresser. Verbuschung war die Folge. Um diese Entwicklung zu stoppen und im Sinne eines europäischen Urwaldes ein natürliches Gleichgewicht herzustellen, wurden Anfang der 1990er Rothirsche Koniks, Wisente und Heckrinder ausgewildert. In der Folge wurde die Landschaft wieder offener. Die Vegetation änderte sich zugunsten von Insekten. Die Nahrungsgrundlage und Nistbedingungen für Vögel wurden deutlich besser und die Artenvielfalt nahm zu.
Große Pflanzenfresser haben keine Feinde - mit katastrophalen Folgen
Da es keine großen Beutegreifer in diesem Naturschutzgebiet gibt und aufgrund der Zäune bislang keine eingewandert sind, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass kranke, alte oder verletzte Tiere abgeschossen werden müssen. Das wurde in der Vergangenheit auch so gehandhabt. Tierschützer und Biologen kritisieren aber seit Jahren, dass die Mitarbeiter des Parks dieser Verpflichtung nicht ausreichend nachkommen. Gleichzeitig wurden Überlegungen über die Ansiedlung von Wölfen immer wieder im Keim erstickt, da die Verantwortlichen weitere Probleme fürchten. Und so gelangen immer wieder Bilder von toten und sterbenden großen Pflanzenfressern an die Öffentlichkeit. Versuche von Tierschützern, die hungernden Tiere zuzufüttern, wurden offenbar von den Behörden unter Polizeieinsatz gestoppt.
2018 - Situation immer schlimmer
Dass die Selbstregulation gescheitert ist, scheint einhelliger Konsens zu sein. Warum die Behörden nicht eingreifen, ist vor allem den Tierschutz- und Naturschutzorganisationen schleierhaft. Ihren Berechnungen zufolge überleben bis zu drei Viertel der Weidetiere die Winter nicht, weil das Nahrungsangebot nicht ausreicht. Viele Tiere ertrinken auf der Suche nach Weideflächen bei dem Versuch, die Wasserbereiche zu durchqueren. In einer Petition fordert der niederländische Biologe Partrick van Veen nun, die Grausamkeit zu beenden. Van Veen kritisiert, dass das Gebiet Farm- oder Zoobedingungen bietet, da die Tiere eingeschlossen sind. Nicht einzugreifen sieht er als Akt der Grausamkeit und fordert die Regierung auf, die Bestände zu regulieren. Mit seiner Forderung ist er nicht allein. Immer wieder kritisieren niederländische Tierschutzorganisationen die unhaltbaren Zustände in dem Gebiet. Die Petition haben über 20.000 Menschen unterzeichnet. (CS)